Ausländer raus? Wie der DLV klammheimlich einige unserer Athleten von Deutschen Meisterschaften ausschließt

Die Deutschen Cross-Meisterschaften in Löningen im kommenden März werden vermutlich eine der oder sogar die erste Deutsche Meisterschaft sein, bei der Athletinnen und Athleten unseres neuen Laufsport-Vereins hamburg running an den Start gehen. Vor allem in der Altersklasse M35 rechnen wir uns Chancen aus, vorne mitzumischen, bringen wir doch das gesamte Team an den Start, das 2016 den Deutschen Meistertitel über 10 Kilometer auf der Straße gewonnen hat. Dumm nur: Zwei unserer M35-Athleten sind ab dem kommenden Jahr nicht mehr bei Deutschen Meisterschaften startberechtigt.

Ab 2017 dürfen nur noch Athleten mit deutscher Staatsbürgerschaft bei den nationalen Titelkämpfen teilnehmen – unabhängig davon, wie lange sie bereits in Deutschland leben. Der DLV-Verbandsrat hat bereits im Juni das Ausländerstartrecht ersatzlos aus der Deutsche-Leichtathletik-Ordnung (DLO) gestrichen. Eine offizielle Verlautbarung zu dieser folgenschweren Änderung hat der DLV bis heute nicht veröffentlicht – weder auf seiner Website noch anderswo.

So sah die DLO bisher aus – die Punkte 5.2.2. und 5.2.3. wurden ersatzlos gestrichen:

DLO in der Version vor der Änderung. Die Punkte 5.2.2. und 5.2.3. wurden ersatzlos gestrichen

Warum wird eine solche Entscheidung, die viele Vereine und Athleten (darunter fallen auch die mit deutschem Pass, denen Staffeln wegfallen) betrifft, nicht frühzeitig und prominent verkündet? Warum wird sie nicht erklärt? Warum wurde sie nicht im Vorfeld öffentlich diskutiert? Sind sich die Verantwortlichen selbst nicht sicher? Haben sie Angst vor Gegenwind ob der politischen Dimension? Oder unterschätzen sie die Auswirkungen? Die meisten Athleten und Vereine dürften noch nicht von der Änderung gehört haben. Wir erhielten zufällig und inoffiziell davon Kenntnis. Mittlerweile weist zumindest der Hamburger Leichtathletik-Verband auf seiner Website explizit auf den Beschluss hin. Auf einen Beschluss, der allen Bemühungen um Integration widerstrebt.

Nur zwei Beispiele aus unserem Team:

  • Wir haben einen geflüchteten Läufer aus dem Irak bei uns, der nun seit einiger Zeit in Hamburg ein neues Zuhause gefunden hat. Bei seiner Integration war und ist das regelmäßige Training in einer Gruppe, wie er es vor der Vertreibung auch aus seiner Heimat kannte, ein Schlüsselelement. Im vergangenen Jahr wurde er mit der Mannschaft Deutscher Meister und war tagelang glücklich und dankbar, auch sportlich wieder ein Zuhause zu haben.
  • Ein ganz anders gelagertes Beispiel ist ein Schwede, der seit geraumer in Hamburg lebt und arbeitet. Für ihn ist Deutschland schon immer die leichtathletische Heimat. Er startet hier für einen Verein, er trainiert hier. Er nimmt hier an Meisterschaften teil. Dass er das künftig nicht mehr darf, ist allein schon EU-rechtlich fragwürdig.

Beide sind im kommenden Jahr nicht mehr bei Deutschen Meisterschaften startberechtigt. Ihre Teamkollegen können in den Mannschaften und Staffeln nicht mit ihnen antreten. Für alle Beteiligten ist das ein Schlag ins Gesicht, der Motivation für das tägliche, anstrengende Training raubt. Um an nationalen Titelkämpfen teilzunehmen, brauchen Ausländer, obwohl sie hier Zuhause sind, nun im mindesten einen weiteren Verein im Land ihrer Nationalität. Im Extrem brauchen sie sogar ein Land, in dem überhaupt an Meisterschaften zu denken ist.

Während zum Beispiel im Fußball seit langem gemischte Teams selbstverständlich um die Deutsche Meisterschaft spielen und ein lebendiges Beispiel für Vielfalt sind, schottet der DLV-Verbandsrat die Leichtathletik ab. Deutsche Meisterschaften nur für Deutsche, so lautet die neue Devise. Und: Auch die Landesverbände könnten dem Beispiel folgen, wenn sie nicht explizit anders entscheiden, wie der DLO zu entnehmen ist. Wir finden: In Zeiten, in denen sich Nationalismus und Fremdenhass breit machen, ist das genau das falsche Zeichen. Statt die integrative Kraft des Sports zu fördern, wie es unsere Sportverbände, wenn es um Finanzmittel geht, immer behaupten, werden Mauern gezogen – sogar innerhalb funktionierender Trainingsgruppen.

Unser Verständnis von Leichtathletik ist ein anderes.